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Piz Palü über Normalweg statt Nord-Ost-Pfeiler

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Hier noch ein Nachholartikel aus unserem Hochtourenurlaub 2014, der uns beinahe durch die Lappen gegangen wäre…


Reisetag ins Engadin

Als wir am Morgen nach unserer Castor-Besteigung aus dem Zelt gekrochen kommen hat es zumindest aufgehört zu regnen. Also trocknen wir unser klatsch nasses Zelt bestmöglich ab und packen unsere sieben Sachen zusammen. Für den Nachmittag sind wir mit Markus von draussen-unterwegs.de verabredet, mit dem wir schon länger eine gemeinsame Tour gehen wollen, damit wir uns endlich auch einmal persönlich kennenlernen.

300km und fünf Stunden später kommen wir an der Talstation der Diavolezza-Seilbahn an und packen unseren Rucksack. Das Ticket für die Bahn gibt es kostenlos, da wir mindestens zwei Nächte auf der Diavolezza-Hütte (2978m) übernachten werden, so kommst es diesmal nicht auf jedes Gramm Gewicht an.

Unsere ursprünglich geplante Route über den Nord-Ost-PfeilerOben angekommen treffen wir uns draußen hinter der Hütte mit Markus. Der Münchner hat an alles gedacht und sogar ein paar Bier für uns drei eingepackt, welche wir bei einem herrlichen Ausblick auf den Piz Palü genießen, als irgendwo hinter uns jemand Markus‘ Namen ruft. Steffi, eine Freundin von ihm und deren Seilpartner berichten uns kurz darauf, dass sie am kommenden Tag ebenfalls auf den Piz Palü möchten, allerdings den Normalweg und nicht wie wir über den Nord-Ost-Pfeiler. Spontan legen wir unsere beiden Tische für das exzellente Abendessen auf der Diavolezza zusammen und es wird noch ein wirklich lustiger Abend zu fünft. Die Diavolezza-Hütte nur eine Hütte zu nennen wäre hierbei übrigens stark untertrieben. Sie ist eher eine Art Alpenhotel mit dem höchsten Whirlpool Europas auf knapp 3000m, wirklich tollem Essen, Duschen und geräumigen Lagern, aber dennoch relativ preisgünstiger Übernachtung für Bergsteiger im Gruppenzimmer.

Piz Palü – Normalweg statt Nord-Ost-Pfeiler

Als der Wecker um vier Uhr klingelt schälen wir uns aus unseren Hüttenschlafsäcken, gehen nach oben und schauen nach draußen. Kein einziger Stern ist zu sehen und es regnet leicht, wir finden leider alles andere als ideale Bedingungen für unsere geplante Tour, den Piz Palü Nord-Ost-Pfeiler, vor. Wir sind uns schnell einig, die Tour nicht zu machen, denn schon am Vortag lag in der Route noch relativ viel Schnee und während es hier auf der Hütte regnet, dürfte 500m höher wohl einiges an Neuschnee dazu kommen. Also beschließen wir, um halb sechs erneut die Lage zu checken und verkriechen uns wieder in unsere Betten.

Über den Morteratschgletscher geht es rüber zum Piz Palü Über den Morteratschgletscher geht es rüber zum Piz Palü

Der Wecker klingelt erneut und ich habe das Gefühl, mitten aus der Tiefschlafphase gerissen zu werden und brauche ein paar Minuten, um halbwegs klar denken zu können. Das Wetter sieht nun etwas besser aus und so beschließen wir, zusammen mit Steffi und ihrem schweizer Seilpartner den Normalweg auf den Piz Palü anzugehen. Nach einem wirklich leckeren Frühstück machen wir uns fertig für den Abmarsch und treffen uns draußen hinter der Hütte. Um einen kleinen Felsen herum laufen wir Richtung Morteratschgletscher und seilen uns an dessen Rand an. Die ersten ein oder eineinhalb Stunden seit Abmarsch haben wir noch so gut wie keine Höhenmeter gemacht, weil es erst mal so weit bergab ging und wir die verlorenen Höhenmeter nun wieder gutmachen müssen. Wir passieren eine zweite Seilschaft, die wir im Verlauf des Tages noch häufiger treffen sollten. Etwas weiter oben hat es tatsächlich geschneit und so sind wir die erste Seilschaft nach dem Neuschnee und müssen daher spuren. Steffis Seilpartner läuft vorne und erledigt die anstrengende Arbeit in einem guten Tempo, während wir ein paar Gletscherspalten passieren, in denen man problemlos einen kompletten LKW hätte verstecken können! Zu fünft ist eine solche Tour natürlich deutlich entspannter und sicherer und so gehen wir weiter bergauf.

Es war einiges an Spurarbeit zu leisten Dennis steckt knietief im Schnee Vorsichtig durchqueren wir die Spaltenzone

Das Wetter wird zunehmends schlechter Wir passieren Gletscherspalten, in denen man einen LKW verstecken könnte Dennis am Rand einer Gletscherspalte

 

Unsere zweite Pause legen wir auf der östlichen Schulter des Piz Palü ein, ab dort gehen wir seilfrei und gönnen uns ein zweites, kleines Frühstück. Die uns nachfolgende Seilschaft trifft kurze Zeit später auf der Schulter ein und man kommt ins Gespräch. Eine Plakette hier oben berichtet von einem tödlichen Unglück einer Dreier-Seilschaft im Jahr 2009. Auch wenn wir um die Gefahren des Bergsteigens wissen ist es doch immer wieder ein seltsames Gefühl, diese so hautnah vor Auge geführt zu bekommen. Da es immer ungemütlicher hier oben wird und langsam auch dichter Nebel aufzieht, sehen wir zu, dass wir uns wieder auf den Weg machen. 200hm liegen noch zwischen uns und dem 3901 Meter hohen Hauptgipfel des Piz Palü, welche wir über die Ostflanke bewältigen müssen, die nach oben hin immer steiler wird. Etwa 100m und nur rund 20hm vom Gipfel entfernt müssen wir aufpassen, nicht auf eine Wechte zu treten. Markus, der mittlerweile die Führung übernommen hat, klopft mit seinem Eispickel leicht an die Bruchkante bzw. einen kaum erkennbaren Riss an der Wechte und das Ding geht ab. Es ist schon etwas beängstigend wenn man sieht, wie schnell man selbst eine so große Wechte übersehen kann und vor allen Dingen, wie schnell sie abbricht.

Wir passieren den Gletscherbruch am Piz Palü Von der östlichen Schulter des Piz Palü steigen wir weiter auf Mieserable Sicht knapp unter dem Ostgipfel

 

Kurze Zeit später erreichen wir den 3883 Meter hohen Ostgipfel und beschließen aufgrund der widrigen Bedingungen schnell und einstimmig, den Hauptgipfel nicht anzugehen, sondern von hier aus wieder abzusteigen. Zwar finde ich es immer schade, auf den höchsten Punkt eines Berges verzichten zu müssen, aber natürlich geht in solch einem Fall die Vernunft einfach vor und wegen acht Metern mehr oder weniger riskiert man einfach keinen Absturz. Wir waren noch dabei, unseren Gipfelmoment auszukosten, als die zweite Seilschaft ebenfalls den Ostgipfel erreicht. Wie üblich gratulieren wir einander, tauschen ein paar nette Worte aus und machen zahlreiche Gipfelfotos im Nebel. Wie sollte es auch anders sein, hatten wir doch in unserem Hochtourenurlaub bisher nur Gipfelerfolge im Nebel erlebt. Auch die anderen Jungs beschließen, auf den Hauptgipfel zu verzichten und vom Ostgipfel aus wieder abzusteigen.

Angekommen auf dem Ostgipfel (3882m) des Piz Palü Unsere ungefähre Route auf den Piz Palü Ostgipfel

Einzeln steigen wir ab, zurück auf die Schulter. Volle Konzentration wird uns noch einmal abverlangt, da es mittlerweile ziemlich windig ist und stürzen will selbstverständlich niemand von uns in solch steilem Gelände. Dort angekommen seilen wir uns wieder an und beginnen den Abstieg zum Morteratschgletscher, Flo übernimmt die Führung, dann ich und die anderen. Als wir am Grund des Gletschers ankommen ist kaum noch eine Spur zu sehen, da alles entweder verweht oder wieder vollgeschneit ist. Teils auf schlechte Sicht, teils mit GPS zur Unterstützung navigiert uns Flo zielsicher zurück an den Gletscherrand, wo wir uns von Steffi und ihrem Seilpartner verabschieden. Die beiden steigen weiter ab, während wir drei uns auf den Weg zurück zur Diavolezza machen. Schier endlos zieht sich der Weg um den Fels herum, bis wir die Hütte endlich wieder sehen.

Die Bernina-Gruppe mit dem Dreier-Gipfel Piz Palü im linken Drittel

Planänderung für die nächsten Touren – Auf nach bella Italia

Wieder zurück auf der Hütte trinken wir mit Markus noch gemütlich einen Kaffee und auch die anderen Seilschaft trifft später auch noch ein. Während Markus mit der Gondel wieder den Weg ins Tal und dann zurück nach München antritt, tauschen wir uns mit den anderen Jungs aus, machen Witze und erzählen über die vergangenen und bevorstehenden Touren. Flo und ich beschließen, die für morgen angedachte Piz Palü-Überschreitung sein zu lassen. Erstens ist der Gletscher mit seinen großen Spalten nicht ganz ohne und zweitens müssten wir bis zum Gipfel die exakt gleiche Tour erneut laufen, was wir uns ersparen möchten und stattdessen lieber einen Pausentag einlegen. Parallel dazu kommt die Idee auf, dass wir uns auch schon einen Tag früher als geplant wieder mit Günther treffen und unsere Touren am Monte-Rosa-Massiv angehen könnten. Wir lassen den Nachmittag und Abend also gemütlich auf der Diavolezza ausklingen und freuen uns auf die nächsten Gipfel.

La dolce vita am Comer See Ein wunderschönes Morgenrot, im Vordergrund der MorteratschgletscherAm kommenden Tag schlafen wir bis um halb sieben… welch himmlische Zeit für einen Bergsteiger! Nachdem wir in aller Ruhe gefrühstückt haben packen wir unsere Sachen und fahren mit der Bahn zurück ins Tal. Am Comer See legen wir einen Zwischenstopp für Pizza, Espresso und Eis ein und sind richtig froh, mal zu vernünftigen Preisen essen und trinken zu können. Bei sommerlichen Temperaturen kommt glatt ein wenig la dolce vita in uns auf… Weiter geht es über die Autostrada Richtung Aosta-Tal, wo wir gegen 18 Uhr ankommen und uns mit Günther treffen. Nach dem gemeinsamen Abendessen haben wir den lieben Kerl noch fast zur Weißglut getrieben, da er ganz offensichtlich schon schlafen wollte, seine Rechnung aber ohne uns gemacht hat, die noch so gar nicht müde waren.

Am kommenden Morgen unterrichtet uns Günther leider darüber, dass er nicht mit zur Gnifetti-Hütte aufsteigen wird, da seine Erkältung eher schlimmer als besser geworden ist und so machen Flo und ich uns allein auf den Weg hinauf.

Die Spaghetti-Runde mit diversen 4000ern ist das nächste große Projekt auf unserem Plan.

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Dennis
Dennis
Flachlandtiroler und Bergliebhaber! Im normalen Leben IT’ler, ab und an auch Klettertrainer, aber am liebsten selbst in den Bergen unterwegs. Ob im Fels oder Eis ist eigentlich egal, Hauptsache rauf da!

3 Comments

  1. Günther sagt:

    Dann holt die Kuffner-Führe am Ostpfeiler halt ein andermal nach. Es ist einfach eine eindrückliche Tour ausschließlich im Genussbereich in großartiger Gletscherlandschaft.
    Mit dem Wunsch, dass wir alle immer unversehrt aus den Bergen zurückkehren
    Günther

  2. […] Strich durch die Rechnung und so ging es „nur“ über den Normalweg auf den Piz Palü Ostgipfel (zum Bericht geht es hier). Den Hauptgipfel strichen wir damals wegen des herein ziehenden, dichten Nebels. Seit diesen Tag […]

  3. Lieber Dennis.,Hier schreibt Dir ein, wie es jemand in Deinem Alter zu sagen pflegt: ‚Dino‘ (78 Jahre, davon 65 Jahre unterwegs am Berg, davon 50 Jahren auf ’schweren Skitouren‘ (gegen die wäre der Palü eher ein ‚Spaziergang’…..)
    Die ‚Stimmung‘, die ich Deinem Bericht entnehme, hätte ich bei ‚Hikr‘ erwartet, jedoch nicht bei ‚abenteuersuechtig‘. Also nicht ‚Augen zu und durch‘ sondern eine gewisse Ehrfurcht und Achtung vor den Berggefahren. Auf der Ost- Schulter berichtest Du von der Plakette, die an den Unfall von 2009 erinnert, und schreibst: „Auch wenn wir um die Gefahren des Bergsteigens wissen ist es doch immer wieder ein seltsames Gefühl, diese so hautnah vor Auge geführt zu bekommen.“ Damit hast Du es auf den Punkt gebracht !! Genau das ist der Ansatz meines Projekts eines ‚alpenweiten Unglückskatasters‘, das, soweit überhaupt schon damit in Berührung gekommen, die Fachwelt bislang noch ‚mit spitzen Fingern‘ anfasst, aber mehr aus Scham, dass da ein ‚dahergelaufener‘ ‚Nicht-Alpinfachmann‘ genau das aufgreift, was man schon seit mehr als einem halben Jahrhundert hätte endlich einmal ‚anpacken‘ müssen. Es geht konkret darum, trotz allem von Dir zitierten (und auch nötigem!) allgemeinen ‚Gefahrenwissen‘ dem stets verbleibenden unbestimmten ‚Bauchgefühl‘ (auch beim Berufsbergführer und beim ausgebildeten ehrenamtlichen Tourenleiter – das wären meine Adressaten) auf die Sprünge zu helfen. Und das genau bewirkt das blumenverzierte Kreuz an der scharfen Kurve, oder eben da oben die ‚Plakette‘. Man kann natürlich die Berge nicht rundherum mit Plaketten bepflastern, das geht auch anders, aber ein wie auch immer geartetes Tool ist längst überfällig aber da müssen auch die Alpenvereine mitmachen,d.h. für die technische Verwirklichung etwas Geld in die Hand nehmen und mir nicht entgegenhalten (vor 2 Jahren so geschehen): „Aber Herr Groten, wir wollen den Menschen die Freude in den Bergen vermitteln und keine Horrorszenarien“ (vergessen hat er neben der „Freude“ natürlich die „Abenteuersucht“…..) Wenn aber wenigstens jemanden wie Dich, bei dem die Plakette ‚etwas ausgelöst‘ hat, mein Projekt interessiert, dann schreibe mir an (bitte dann auch die eigene Mailadresse angeben – ich bin ja bei ‚abenteuersuechtig‘ nicht ‚drin‘), dann schicke ich Dir einiges zu, wie das dann im Endstadium aussehen könnte, gerade am Beispiel der Palü-Normalroute. Mit besten Grüßen, Ottokar Groten

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