Ausbilder Klettern - Teil 1
Klettertrainer – Teil 1
22. November 2016
Meine Ziele 2016 – Was ich daraus gelernt habe
22. Dezember 2016
Ausbilder Klettern - Teil 1
Klettertrainer – Teil 1
22. November 2016
Meine Ziele 2016 – Was ich daraus gelernt habe
22. Dezember 2016

Gedanken am anderen Ende des Seils

Als Seilschaft auf dem Weg zum Gipfel. Copyright: Joachim Stark

Gefällt dir dieser Beitrag? Dann like oder teile ihn.

Nur ein Seil!?

Seile haben wir Bergsportler viele. Dabei ist es mehr als nur ein Strick, mehr als nur ein Ausrüstungsgegenstand. Ein Seil ist die Lebensleine zwischen dir und deinem Bergkameraden. Ein Seil fängt nicht nur einen gefährlichen oder gar tödlichen Sturz ab, sondern schafft auch, über die rein physische Verbindung hinaus, eine weit tiefere, emotionale, mentale Connection zwischen zwei oder mehr Seilpartnern. Es steht für tiefes Vertrauen, für respektvollen Umgang miteinander und für ein gemeinsames Schicksal, gemeinsame Entscheidungen.

Greifbares Vertrauen

Als Seilschaft auf dem Weg zum Gipfel. Copyright: Joachim StarkEs ist dieser Moment, wenn du den Knoten in deine Anseilschlaufe am Klettergurt knüpfst. Ab diesem Moment bist du mit deinem Partner verbunden und legst dein Wohl ein Stück weit in seine Hände. Die Disziplin spielt dabei keine Rolle. Ob dein Partner beim Klettern ein Sicherungsgerät anlegt oder beim Bergsteigen ebenfalls einen Knoten ist egal. Euer Seil verbindet euch beide und schafft ein Stück tatsächlich greifbares Vertrauen.

Mit dieser tiefen Verknüpfung begibst du dich auf deine Tour. Du steigst in deine Kletterroute ein, wohl wissend, dass du jeden Augenblick stürzen kannst. Du machst den ersten Schritt auf einen von tiefen Spalten durchzogenen Gletscher und bist dir im Klaren darüber, dass ein Spaltensturz fatale Folgen haben kann. Aber da ist diese Verbundenheit, diese Zuversicht, dass du dich und dein Leben deinem Partner anvertrauen kannst. Dass du nicht alleine bist.

Andersherum geht es natürlich auch.

Frag‘ dich doch mal selbst: Bindest du dich bei jemandem ins Seil ein, der dir unsympathisch ist? Jemandem, dem du nicht das nötige Vertrauen schenkst? Jemandem, mit dem du dir die bevorstehende Tour nicht voll und ganz vorstellen kannst?

Vermutlich nicht! Und das ist auch gut so, denn schließlich hängt dein Leben an diesem Seil und dem Partner an dessen anderem Ende!

Seilschaften sind Partnerschaften

Flo im Nachstieg von Hallo Marco in den Gastlosen.Das Seil als Verbindung zwischen den Bergsteigern und als Schutz vor dem Absturz.

Und so festigt sich mit jedem Anseilen, mit jeder Tour und mit jedem Erlebnis auch das Vertrauen zwischen euch. Es wächst und wächst, wie eine Partner- oder Freundschaft.

Aus reinen (Zweck-)Seilschaften können sich also auch Freundschaften oder sogar noch mehr entwickeln. Und das tun sie auch! Wenn wir uns anschauen, was wir beide (Dennis und Flo) gemeinsam erlebt haben, während wir sozusagen aneinander gebunden waren… Schon beinahe unzählige Touren, mal mehr und mal weniger haarsträubend, aber eigentlich immer eindrucksvoll.

Das schweißt zusammen und verbindet auch über den reinen Sport hinaus. Das Vertrauen, welches wir in unserer Freund- und Seilschaft aufgebaut haben reicht bis in die letzten Winkel des Privatlebens. Wir teilen nicht nur den gemeinsamen Weg während einer Tour miteinander, sondern auch Sorgen, Ängste und natürlich Hoffnungen, Stolz und Freude abseits der Berge.

Viele stellen sich vielleicht die Frage, warum gerade zwischen Bergpartnern – die oftmals nur mit der gemeinsamen Begeisterung für eine Tour beginnen – oft so tiefe, lebenslange Freundschaften entstehen. Ganz prominent ist hier sicher die Freundschaft zwischen Kurt Albert und Wolfgang Güllich zu nennen. Dies liegt an dem eben oben Beschriebenen. Menschen in Grenzsituationen zeigen schnell ihren wahren Charakter. Auf einer Bergtour am Rande meiner Komfortzone beginne ich schnell ich selbst zu sein. Ich kann meine Ängste, meine Bedenken, aber auch meine Begeisterung nicht mehr verstecken. Ich bin auf das hier und jetzt und in gewissermaßen auch das Überleben fokussiert. Gemeinsam mit meinem Seilpartner gefangen in diesem Fokus, quasi in einer Art Seifenblase. Dies sorgt für eine tiefe Verbundenheit, welche mit jeder Tour weiter wächst.

Gedanken am Seil

So unterschiedlich wie nur möglich beim Sportklettern

Möglichst wenig nachdenken beim Sportklettern.
Beim Sportklettern bleibt nicht viel Zeit zum aktiven Denken. Du bist fokussiert auf deine Route, möchtest dir den Rotpunkt abholen und alles geben. Hier zählt einfach nur das Vertrauen in deinen Partner. Das Wissen um die Zuverlässigkeit, die Achtsamkeit des Sicherers. Nur so kannst du frei von (Sturz-)Angst alles geben.

Am unteren Ende sieht das vermutlich ganz anders aus. Während sich der Kletterer von Griff zu Griff hangelt ist man als Sicherer nur auf ihn fokussiert und blendet alles andere aus. Man achtet auf jeden Zug  und ist allzeit bereit zu reagieren, sollte es darauf ankommen. Du feuerst deinen Partner an, motivierst ihn und rufst ihm gut zu, ohne dabei die Möglichkeit eines Sturzes außer Acht zu lassen. Du beobachtest aufmerksam und wägst ab, damit möglichst nichts passieren kann.

 

Als Team durch die Wand

Luftige Klettereien am Biancograt.In alpinen Klettereien sieht das schon wieder etwas anders aus. Hier zählt die Einheit aus beiden Seilpartnern noch mal mehr. Es ist nicht damit getan, unten am Boden zu stehen und zu warten, bis eine Route erfolgreich (oder auch mal nicht) war. Das Seil wird nicht nach ein paar Minuten Vollgas wieder abgelegt sondern erst, wenn die komplette Tour gemeinsam durchgestanden ist. Man (Achtung Wortwitz! 🙂 ) bindet sich längere Zeit aneinander.

Das geht im Prinzip schon lange vor dem Einstieg in die Route los, nämlich bei der Auswahl der Tour. Schaffen beide die Tour oder ist sie für einen zu schwer, zu lang, zu ausgesetzt oder sonst etwas? Und selbst wenn sie weise gewählt wurde kann noch genug schief gehen. Da hat einer einen kleinen Durchhänger und der andere übernimmt für die restlichen Seillängen die Führung. Oder in der Mitte der Tour zieht schlechtes Wetter auf…

Dann gilt es, gemeinsam Ruhe zu bewahren, den anderen auch mal zu beruhigen und ihn zu motivieren. Und sobald wieder beide fokussiert genug sind, geht es weiter, dem Ausstieg und dem Abstieg entgegen.

 

 

Hochtouren

Ob mit oder ohne Seil, als Team erlebt man Berge am intensivsten.Was auf Alpinklettern bzw. Mehrseillängen zutrifft, das gilt für Hochtouren ebenso oder gar noch viel mehr. Es wird ausführlich gemeinsam geplant und abgewogen, ob alle Mitglieder der Seilschaft den Anforderungen gewachsen sind. Sowohl die physische als auch die mentale Konstitution spielen hierbei eine große Rolle. Speziell in schwierigen Touren, denn hier gibt es niemanden, der mal eben die Schlüsselseillänge vorsteigen und so entschärfen könnte.

Gerade lange Touren auf hohe Gipfel verlangen nach enorm viel Vertrauen! Seinen Partner zu kennen und einschätzen zu können ist essentiell. Man muss ihm im Zweifelsfall ansehen können, ob er nur einen Hänger hat und eine Pause braucht, oder ob es schlimmer ist. Und man muss die Balance finden zwischen Motivation, auch mal an die persönlichen Grenzen zu gehen und dem Überreden zu tollkühnen Harakiri-Aktionen, die einen das Leben kosten könnten.

Schaut euch dazu auch mal unseren Artikel „Gedankenspiele: Hartes oder Schönes klettern?“ an 😉

Von Zeit zu Zeit kommen dann eventuell sogar Erlebnisse ins Spiel, die man so eigentlich nicht gebraucht hätte. Erlebnisse, die einen im Nachgang enorm zum Nachdenken anregen und einen das Erlebte ausführlich reflektieren lassen. Auch diese, teils negativen Erlebnisse, die beinahe schief gegangen wären schweißen zusammen, formen und stärken eine Seilschaft und das damit verbundene, so oft angesprochene Vertrauen. Man wächst gemeinsam an seinen Fehlern.

Und wenn man mal zweifelt?

Zweifel gehört dazu. Und Angst ebenso! Angst ist ein natürlicher Schutzreflex, schützt uns vor dummen Fehlern und bewahrt uns hoffentlich vor Schaden. Respekt, Zweifel und Angst sind also etwas Gutes und man sollte sich diese drei Gefühle bewahren, statt runter zu spielen. Man muss Zweifel oder Ängste beim Partner ansprechen (dürfen), ohne dafür verurteilt zu werden. Denn nur, wenn man darüber spricht, sie bespricht, kann man sie auch ausräumen oder eben umplanen, wenn ersteres nicht möglich ist.

Die Verbundenheit zwischen dir und deinem Seilpartner relativiert diese Gefühle etwas, macht die Unternehmung subjektiv weniger gefährlich, machbarer, realistischer oder überhaupt erst möglich. Übertreiben sollte man es dabei allerdings nicht, denn eines sollte man unter allen Umständen vermeiden: Den Partner zu etwas zu überreden! Am Ende müssen beide für eine große Tour brennen!

Geschichten aus dem Nähkästchen

Motivation durch den Seilpartner sportn zu Höchstleistungen an, wie hier am Mont Blanc.Besinnliche Adventszeit, Freundschaft und tolle Bergerlebnisse, das liest sich natürlich super und natürlich waren die allermeisten unserer Touren traumhafte Erlebnisse. Wir konnten uns immer auf einander verlassen, sowie auch auf die anderen Seilpartner wie Thomas, Alex oder auch unsere Bloggerkollegen. Der Spaß kam nie zu kurz auch wenn man manchmal genervt vom Seilpartner war und einem ein paar andere Gedanken aufkamen. Nachdem wir (Dennis und Flo) am meisten zu zweit unterwegs waren, hier einmal unsere besten Outtakes:

Dennis verkünstelt sich mal wieder in einer Seillänge und brauch ewig bis er den richtigen Weg zum nächsten Stand findet. Flo: „Sag mal das Topo ist doch ganz eindeutig, des geht grade hoch. Stell dich net so doof an, des nur ne 6+!“ [Anmerkung der Redaktion: Das Panico-Topo vom Oberreintal war alles andere als perfekt und Dennis war in der Tat in einem Verhauer im oberen 7er Gelände gelandet.]

Flo steigt in einer Seillänge mit angeblich genug Bohrhaken vor. Zwischendrin legt er zwei Friends weil er keine Haken findet. Als Dennis am Stand ankommt meint er nur: „Du Volltrottel, du hast direkt neben zwei Bohrhaken zwei Friends gelegt.“

Dennis schlappt Flo auf Hochtour hinterher. Flo schleicht mal wieder konstant über den flachen Gletscher. Dennis: „Du bist echt langsamer als ein alter Mann, mach mal hinne sonst schmilzt der Gletscher noch weg.“

Flo rennt den Gletscher runter und Dennis kann nicht immer perfekt folgen. Ein fieses Gewitter zieht auf und Blitze schlagen ca. 1km von uns ein. Dennis: „Alter mach langsam, ich kann net so schnell.“ Flo: „Wir müssen schnell weiter, ich hab kein Bock wegen dir ’n Grillhähnchen zu werden.“

Der Outdoor Blogger Adventskalender

Outdoor Blogger Adventskalender
 
Dieser Artikel stellt das Nikolaustürchen im alljährlichen Outdoor Blogger Adventskalender dar.

Gestern berichtete Charis von Wohlgeraten aus den Japanischen Alpen und morgen öffnet Dennis vom Outdoor-Blog sein Türchen für uns. Eine Übersicht aller bisherigen Beiträge findet ihr bei Sven von aufundab.eu. Schaut euch auch gerne bei Twitter den Hashtag #Outdooradvent an, hier halten wir euch ebenfalls auf dem Laufenden.

 

 

 

Gefällt dir dieser Beitrag? Dann like oder teile ihn.

Dennis
Dennis
Flachlandtiroler und Bergliebhaber! Im normalen Leben IT’ler, ab und an auch Klettertrainer, aber am liebsten selbst in den Bergen unterwegs. Ob im Fels oder Eis ist eigentlich egal, Hauptsache rauf da!

3 Comments

  1. conny sagt:

    Hallo ihr Zwei.
    muss immer noch Grinsen bezüglich eurer Erzählung aus dem Nähkästchen. Am Berg ist der Ton ab und an etwas rauer 😉 Bin ich zuweilen auch, wenn mich die Ungeduld packt oder die Angst mich übermannt. Und schon zeigt der Berg von einem mehr, als einem lieb ist. 😀
    Ihr habt einen sehr guten Bericht über die Seilschaft am Berg geschrieben. Bisher hatte ich zwar noch nicht das Vergnügen in einer Seilschaft zu sein, aber nun weiß ich, was auf mich zukommt. Nachsicht und Vorsicht ist das oberste Gebot 🙂
    Besten Dank.
    Herzliche Grüße
    Conny

    • Dennis sagt:

      Hey Conny,

      ja, am Berg zeigt mal schnell sein wahres Ich, da ist nix mehr mit verstellen 🙂 Das ist aber auch gut so, denn so merkt man schnell, mit wem man wirklich klar kommt und mit wem nicht.
      Schön, dass dir unser Bericht gefällt, Flo und ich hatten auch wirklich viel Spaß beim gemeinsamen Schreiben und in Erinnerungen schwelgen. Es sind schon eindrückliche Erlebnisse, die wir da gemeinsam hatten.

      Viele Grüße
      Dennis

  2. […] #6 Gedanken am anderen Ende des Seils von abenteuersuechtig.de. […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert