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20. März 2017Von Khote in eisige Höhen zum High Camp
Was bisher geschah…
Nach meiner Ankunft in Kathmandu ging es sofort am nächsten Tag Richtung Paphlu weiter. Das erste Mal stieg ich in einen Flieger der Black List und flog Richtung Hinkutal. Von Paphlu ging es dann die ersten 7 Tage durch Dschungellandschaften, vorbei an Klosterdörfern immer weiter hinein in das hintere Hinkutal. Nach 7 Tagen erreichten wir Khote. Den ausführlichen Bericht des ersten Teils meiner Reise findet ihr hier.
Einleitung
Mittlerweile bewegen wir uns auf 3.500 Metern über dem Meeresspiegel. Uns kommt es vor wie auf 1.500 Metern, unser Puls ist meist recht stabil. Das High Camp für den Gipfelsturm ist dennoch weitere 6 Tagesetappen entfernt. Die Akklimatisation wirkt und die Taktik geht auf. Es wird für uns Zeit, höhere Übernachtungsplätze anzustreben. Der Gipfel liegt immerhin noch knapp 3.000 Höhenmeter über uns. Unvorstellbar, wenn man nur in Alpendimensionen denkt!
Auf ins Shangri-La Tangnag
Unsere Tage beginnen immer noch wie gewohnt: Aufstehen, Tasche packen und den Trägern überreichen. Um 7 Uhr Frühstück, Abmarsch um 8 Uhr.
An unserem 7. Trekkingtag gab es mal wieder das von uns allen geliebte Tibitan Bread. Eine in Fett herausgebratene Art „Knieküchle“ (hochdeutsch: Ausgezogene) wie man im Fränkischen sagen würde. Auf dieses kommt dann schön Marmelade oder Honig und die erste Kalorienbombe des Tages ist perfekt.
Dann verlassen wir das schöne Dörfchen Khote. Wir wandern wundervoll entlang des Hinku Khola. Der Fluss wird uns, bis er oben im Gletscher verschwindet, die nächsten Tage stetig begleiten. Es geht immer leicht bergauf und die Landschaft wird karger und steiniger. An den mächtigen seitlichen Moränen kann man noch die Auswirkungen des Erdbebens ein Jahr zuvor erkennen. Das müssen gewaltige Kräfte gewesen sein. Wieder einmal fühle ich mich zwischen den gigantischen Bergen und Erdwällen sehr klein und unwichtig.
Nach einer Teepause an einem kleinen Gehöft kommen wir gegen Mittags bereits in Tangnag auf 4.300 Metern an.
Waschen, chillen, akklimatisieren
Tangnag liegt wundervoll in einem Talkessel, eingebettet zwischen diversen 6000ern. Im Osten thront bereits das Massiv des Mera Peak (Wikipedia) mit seinen Ausläufern. Im Südwesten finden sich diverse 6000er auf denen schon die Windfahnen tanzen. Dort oben scheint es mächtig zu ziehen. Direkt im Nordwesten erhebt sich die wundervolle Pyramide des 6.769m hohen Kyashar (Wikipedia). Einer der formschönsten Berge, die ich bisher live gesehen habe.
Nach einem leckeren Mittagessen mit Würsteln, Kartoffeln und Käseteigtaschen (fast wie dahoam), waschen wir mal wieder unsere Wäsche. Aufgrund der Lage von Tangnag müssen die Sonnenstunden genutzt werden. Die vielen hohen, nahestehenden Berge sehen zwar toll aus, sorgen aber dafür, dass dieser Weiler maximal von 10 bis 14 Uhr Sonne erhält und ohne Sonne wird es auf 4.300 Metern schnell bitterkalt.
Daher zieht es uns am Nachmittag auf unserer kleinen Akklimatisationstour, Willi befolgt stest mit uns die Regel „Go high, sleep down“, Richtung Sonne zu einem kleinen See auf 4.500 Metern. Ach was sage ich klein! Der See war mal richtig groß. Die Moräne ist allerdings vor ein paar Jahren durchgebrochen und Millionen Hektoliter Wasser und Geröll haben das Tal überschwemmt und unfruchtbar gemacht. Zum Glück blieb Tangnag halbwegs am Rande verschont. Die Auswirkungen dieser Naturkatastrophe sind allerdings dank des Kraters heute noch zu erahnen.
Wir genießen hier oben die Zeit in der Sonne, schließlich sehen wir, dass unsere Lodge bereits schon im kalten Schatten des engen Hinkutals verschwindet. Die vielen Steinmännchen hier oben verleiten zum fotografieren…
Nenn mir einen Berg in den Alpen, ich war höher…
Heute ist ein Ruhe- und Akklimatisationstag angesagt. Erstmals habe ich eine unruhige Nacht. Ich wache mehrmals auf und hyperventiliere. Mein Sportlerpuls kommt mir hier oben nicht gerade zur Hilfe und so schreckt mein Körper immer mal wieder hoch um Sauerstoff zu tanken. Normal auf dieser Schlafhöhe und bei diesem Akklimatisationsstand, aber wüsste ich das nicht, ich hätte Panik bekommen. Gegen 8 Uhr quäle ich mich bei -3 Grad Zimmertemperatur wortwörtlich aus dem warmen Schlafsack. Das Porridge, mit getrockneten Datteln verfeinert, wirkt wahre Wunder und so brechen wir gegen 9 Uhr auf unserer Akklimatisationstour auf.
Unser Ziel ist ein „Allgäuer Grasbuckel“ bzw. Aussichtspunkt. Der Weg zieht sich steil an den Grashängen empor und in alle Richtungen erblicken wir 6000er. Wowww, ich bin im Himalaya! Oben angekommen habe ich das Gefühl, ich sitze wirklich auf einer Almwiese. Nur der Blick auf meinen Höhenmesser zeigt mir was anderes: 4.890m und damit höher als der Mont Blanc und mein bisheriger Höhenrekord (zum Blogartikel). Wahnsinn!!!
Wir verweilen hier oben neben dem W-LAN-Mast (!!!) etwas und steigen dann wieder ab. Pünktlich um 12 Uhr sind wir zum Mittagessen wieder an der Lodge.
Abenteuerspielplatz Hinkutal
Nachmittags zieht es David und mich hoch in die Felsen. Wir steigen den Weg vom Vortag nochmals hoch und wollen etwas bouldern und Fotos machen. Die Boulderbilder gelingen gut und wir vergnügen uns teilweise barfuss an den scharfen Granitfelsen.
Bloß aufpassen, dass wir nicht runterfallen und nichts riskieren!
Hier oben ist jedes Krankenhaus 3 Tage und einen Pass von über 4000m im Fußmarsch entfernt. Hier will man dann doch keinen verknaxten Knöchel oder gar gebrochenen Fuß riskieren.
Danach hetzte ich David auf 4.500m einen Trail hoch um Fotos zu schießen. Der arme Kerl kommt ganz schön ins Schnaufen!
Hier oben ist wirklich ein riesen Spielplatz für Bergsteiger. Viele Wände sind sicherlich noch nicht erstbegangen und auch die Boulder können hier noch definiert werden. David und ich träumen davon wie es wäre, einfach 4 Wochen Zeit hier oben zu verbringen und diese Kulisse zu genießen. Aber noch sind wir ja jung…
Pünktlich zu Keksen und Tee kommen wir im Laufschritt wieder an der Lodge an.
Rescuetechnik und Überdruckkammer
In der mittlerweile eingeheizten Stube ist es mollig warm und der dünne Schwarztee mit den harten, süßen Keksen tut sein übrigens. Wir ergänzen das nachmittagliche Gelage mit frischem südtiroler Speck, Käse und Schwarzbrot. Leute, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie das nach 10 Tagen schmeckt! Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund von diesem Duft und Geschmack zusammen.
Anschließend führt uns Willi professionell in unsere Notfalltechnik ein. Die Sauerstoffflaschen werden uns erklärt, die Funktion der Überdruckkammmer erläutert und die Notfallmedikamente rund um Nifedipin (Wikipedia) und Dexamethason (Wikipedia) erläutert. Die Medikamente hatte ich dank meiner Eltern (die sind beide Ärzte) auch schon dabei und wusste, wie man damit umgeht. 🙂
Die ersten Wehwechen und Bedenken kamen auf. Erwin hatte Ohrenschmerzen und Martin fror ständig und ihn trieb die Angst um, da oben einfach einzufrieren. Dennoch zeigte unser Team mehr und mehr Zusammenhalt.
Es war eine wirklich intensive Erfahrung und ein tolles Erlebnis zu sehen, wie 12 bis dato fremde Menschen sich zunehmenden für den anderen einsetzen und verantwortlich fühlen. Mittlerweilen waren wir wirklich EIN Team!
Auf geht’s zur letzten Lodge in Khare
Durch wundervolle Gletschermoränenlandschaften vorbei an riesigen, fast schon verblühten Edelweisswiesen und gefrorenen Bächen geht es heute rauf auf 4.850 Metern. Wir erwarten nicht viel nach unseren Erfahrungen im Dschungelcamp von einer Lodge auf knapp 5.000 Höhenmetern. Spartanische Holzverschläge, einen geheizten Raum und viel frieren. Es sollte allerdings ganz anders kommen…
Langsam wacht das Tal auf. Die ersten Sonnenstrahlen dringen durch unsere dicken Daunenjacken und wärmen langsam unser Blut. Spätestens an der Alm auf 4.600 Metern haben wir alle unsere dicken Jacken ausgezogen. Ok fast alle: Hans-Jörg bleibt sich treu und läuft, egal auf welcher Höhe, fast immer im gleichen Outfit herum 😉 Der obligatorische Ingwertee wird uns gereicht und wir durchschauen endlich, dass dies kein Zufall ist. Willi bestellt immer nur diesen, soll er doch gerade für die Akklimatisation sehr hilfreich sein.
Ab hier schlängelt sich der Weg die Endmoräne hinauf auf ein Plateau. Wir erwarten hier 2 Häuser und kucken alle nicht schlecht als wir auf knapp 5.000 Metern ein ganzes Dorf aus Lodges und Wohnhäusern erblicken. Das erste Mal treffen wir hier auch andere Trekker. Als wir dann in den Gastraum mit Glasfenstern (!), einer holzvertäfelten Bar und einem Ausblick wie im Panorama-Restaurant kommen, ist nicht nur Davids Grinsen groß. Wir sind erstaunt und froh, dass wir genau hier nun vier Tage verweilen dürfen.
Die magische Grenze – 5.000 Meter
Nach einer Stärkung mit Bratkartoffeln, Ei und Gemüse sowie wieder einmal Tee, geht es zu unser Akklimatisationstour. Wir steigen hinter Khare auf einem Grashang den bewachsenen Moränenrücken hoch bis auf rund 5.050 Meter. Das erste Mal in meinem Leben bin ich zu Fuss auf dieser Höhe. Ein gewisser Stolz erfüllt mich, dass es bis hierhin so gut ging und ich mich nach den leichten Kopfschmerzen der letzten Tage heute sehr gut fühle. David, Stefan und ich steigen dann noch rund 100 Höhenmeter weiter bis zu einem kleinen Zwischengipfel mit Gebetsfahnen auf. Von dort genießen wir einen atemraubenden Blick Richtung Mera Peak und können den Weiterweg zum Mera-La-Pass einsehen.
Als ich abends gegen 20:30 Uhr in meinen warmen Schlafsack falle, denke ich mir
Endlich! Morgen geht’s ins Eis und in zwei Tagen stehst du hoffentlich auf über 6.000 Meter.
Etwas nervös schlafe ich ein und wache nachts ständig auf. Wir haben das Zimmer direkt neben den Toiletten erwischt. Das Gefurze und Geblähe ist nicht zu überhören und macht jedem mittelalterlichen Klostersaal Konkurrenz. Martin und ich lachen uns jedesmal fast schlapp, wie es die Leute zerlegt. Zudem muss ich ständig hyperventilieren, um Luft zu bekommen… ich bin froh, als um 6:30 Uhr endlich der Wecker klingelt und diese Nacht vorbei ist.
Akklimatisation und Gletscherballett
Das Jabati (Nepali Brot) mit Omlett weckt wieder Lebensgeister in mir und der Kaffee tut sein übrigens, auch wenn er so dünn wie die Luft hieroben ist. Anschließend stapfen wir mal wieder erst einen Grashang und dann einen ekelhaften Geröll-/Blockgeländehang hinauf. Die hinabkommenden Träger auf ihren Sandalchen faszinieren mich mit ihren Lasten auf diesem Untergrund immer wieder. Wahnsinn, was diese hier leisten! Meine Lowa-Schuhe kommen das erste mal zum Einsatz und ich schwitze bei 10 Grad in der Sonne wie in der finnischen Sauna.
Na das kann ja super werden, wenn morgen beim Aufstieg ins High Camp der Planet auch so sticht.
Am Gletscher angekommen üben wir Abseilen, Aufstieg am Fixseil via Steigklemme, tanzen Gletscherballett und genießen die Aussicht. David und ich philosophieren über das Eisklettern am Gletscherbruch, welcher mindestens drei Seillängen lang ist. Der erste Sonnenbrand bahnt sich auch an, wenn man hier bei der Höhengletschersonne nicht wirklich aufpasst. Wirklich intensiv ist diese hier oben!
Nachmittags rufe ich das erstemal nach 12 Tagen via Satelittentelefon zuhause bei Dennis an, gratuliere ihm zum Geburtstag und bitte ihn alle anderen zu informieren. 2 Minuten, 7 Euro, aber dafür von 5.000 Metern telefoniert.
Danach ist packen für das High Camp angesagt. Nur das nötigste kommt mit rauf, denn jedes Gramm zählt!
High Camp is calling
Wir alle sind leicht nervös. Einige von uns waren ja bereits auf ein paar 6.000ern gestanden, für andere ist es absolutes Neuland. Jeder ist mit sich beschäftigt, auch bereits am Abend vorher. Die Zweifel, Vorfreude, Bedenken, Erwartung…. stehen uns alle ins Gesicht geschrieben. Jeder ist auf seine Art in sich gekehrt. Dennoch halten wir komplett zusammen, ermutigen uns gegenseitig, sind aber froh als es endlich los geht. Rauf in das 5.800 Höhenmeter hohe High Camp und damit knapp 1.000 Meter höher als unsere letzte Schlafhöhe. Das verspricht richtig Schädelweh. 😉
Der Weg bis zum Gletscher ist uns vom Vortag wohl bekannt und auch das für mich eine neue Erfahrung des Höhenbergsteigens. Man geht Wege eben drei oder gar viermal und nicht nur einmal bzw. mit Abstieg zweimal.
Der erste Gletscheraufschwung ist gleich etwas steiler und die Träger mühen sich teils ohne Steigeisen an einem Fixseil hier kräftezerrend nach oben. Danach flacht der Weg ab und zieht sich fast schon monoton flach bis zum Mera-La Pass. Hier machen wir bei unverschämt windstillen, sonnigen Temperaturen im T-Shirt bzw. Longsleeve auf 5.400 Metern Mittag. Was sind wir für Glückspilze. Seit 2 Wochen nur Sonnenschein. Das erste Mal in meinem Leben sehe ich – keine 40km Luftlinie entfernt – live den höchsten Berg unseres Planeten, den Everest (Wikipedia).
Der Weiterweg ist unspektakulär und bald erreichen wir das an eine großen Felsen „geklatschte“ High Camp. Es liegt wie ein Adlerhorst hier am Abgrund. Fünf (!) Achtausender erblickt man von hier.
Sundowner und Glücksmomente
Nach dem obligatorischen Tee startet Willi alleine zum Gipfelrush. Bis zum Sonnenuntergang würde er die 700hm und 4km Strecke über die beiden Neben- und den Hauptgipfel des Mera Peak alleine meistern und zu uns zurückkehren. Tolle Leistung!
Ich hingegen bin der einzige, der sich nochmal aus den windgeschützten, warmen Zelten in die Kälte 200 Meter und 50 Höhenmeter höher vom High Camp wagt. Mit Teleobjektiv bewaffnet (Danke hier nochmal an Jürgen) genieße ich den bis jetzt spektakulärsten Sonnenuntergang meines Lebens.
Das Tal ist bereits finster als die letzten Sonnenstrahlen die Gipfel der 7000 und 8000er küssen und in ein unwirkliches orange-rot verfärben, welches direkt in ein violett übergeht. Man kann wirklich aufgrund des Horizontes die Erdkrümmung erahnen und ich habe eine Sicht von 250 bis 300 Kilometern bis nach Indien. Der Everest, Lhotse, Cho Oyu, Makalu und am Horizont der Kangchendzönga (östlichster 8000er der Welt und in Tibet) lachen mir entgegen. Eine warme Träne rollt mir über die kalten Backen und erstarrt gleich vor Kälte. Das hier ist pures Glück in Reinform und ich fühle mich geehrt, ganz alleine hier oben diesen Moment genießen zu dürfen. Die Götter der 8000er meinen es gut mit mir und erlauben mir, sie in ihrer ganzen Schönheit zu bewundern. Unvorstellbar auch die blaue Stunde danach, welche ich mit Stativ versuche festzuhalten. Ich bin sprachlos, dankbar und fühle mich mal wieder ganz klein hier oben auf 5.800 Metern, wo doch die Berge mir gegenüber nochmal 3.000 Meter höher sind. Wahnsinn!
In Gedanken auf Morgen
Die Höhe macht sich bemerktbar. Ich fühle mich wie besoffen, als ob ich neben mir stehen würde. Die Gedanken sind langsamer und er Kopf schmerzt. Es ist ein interessantes Gefühl, zum Glück weiß ich, dass das normal ist, sonst hätte ich wohl Angst bekommen…
Zurück im Zelt gibt es eine Ibu 800 gegen meine pochenden Kopfschmerzen. Anschließend wird uns etwas Dal Bhat im Schlafsack serviert und wir versuchen, etwas zu ruhen. An Schlaf ist hier oben bei dieser dünnen Luft nicht zu denken…
Meine Gedanken schweifen um den morgigen Tag. Schaffen wir es alle? Schaffe ich es…
Heute Nacht geht es endlich los. Heute Nacht zieht es mich das erste Mal in meinem Leben auf über 6.000 Meter.
To be continued…
Meine Ausrüstung
Hier sehr ihr einen Teil meiner Ausrüstung, die ich während meiner Mera Peak Besteigung dabei hatte.